Aufhebungsvertrag anfechten?

Immer wieder kommt es vor, dass uns Mandanten berichten, einen Aufhebungsvertrag geschlossen zu haben – natürlich „unter Druck“ und immer mit der Androhung des Arbeitgebers, z.B. sonst die Staatsanwaltschaft einzuschalten oder Ähnliches.
Kann ein Aufhebungsvertrag eigentlich mit Erfolg angefochten werden? Die klare Antwort: meist nicht.

Zwar sieht das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 123 Abs. 1) ein Recht auf Anfechtung vor. Dies aber nur, wenn man sich über den Gegenstand eines Aufhebungsvertrages geirrt hat (es wurde nur von der Unterschrift unter einer Beurteilung gesprochen) oder wenn unlautere Methoden, etwa Täuschung oder Drohung eingesetzt wurden. Allerdings liegt in der Praxis ein solcher Anfechtungsfall nur selten vor. Die Recht­spre­chung erkennt einen Anfechtungsgrund nur dann an, wenn ein „verständiger“ Arbeitgeber z.B. eine angedrohte Kündigung nicht ernsthaft in Betracht ziehen durfte. Konn­te er aber ei­nen möglichen Kündi­gungsgrund annehmen (egal ob fristlos oder fristgerecht), be­deu­tet selbst ein massives Drohen mit ei­ner sol­chen Kündi­gung nicht zwangsläufig, dass auch ein An­fech­tungs­grund für den Arbeitnehmer be­steht. Zumindest „wi­der­recht­lich“ wäre dann eine Kündigung jedenfalls nicht.
Aber: Eine interessante Variante ist durch eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 07.02.2019 (6 AZR 75/18) hinzugekommen. Dort war einer erkrankten Arbeitnehmerin zu Haus ein Aufhebungsvertrag vorgelegt worden, ohne irgendeine Kompensation und mit sofortiger Beendigung. Das BAG meinte dazu, hier sei eine erkennbar körperliche Schwäche (Krankheit) ausgenutzt worden. In so einem Fall sei die Entscheidungsfreiheit in zu missbilligender Weise beeinflusst worden. Es ist das Gebot „fairen Verhaltens“ zu beachten.

Wir können deshalb nur empfehlen, selbst bei noch so großer Unsicherheit über die eigene Rechtsposition nichts und niemals etwas zu unterschreiben, mit dem ein Arbeitsverhältnis aufgelöst wird. Es gibt immer eine „Bedenkzeit“, die auch ein verständiger Arbeitgeber einräumen muss.
Übrigens: Ist allerdings die Unterschrift geleistet worden, muss ein Anwalt schnell handeln. Die Anfechtung muss dann „unverzüglich“, spätestens innerhalb von drei Tagen erfolgen.

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